„Deportation Cast“ – Workshop und Theaterbesuch des Jahrgangs 9

05.02.2017 | Aktuelle Infos

(Bericht/Photo S. Meyer)

„Deportation Cast“. Ein englischer Titel für ein deutsches Stück, geschrieben von Theater- und Hörspielautor Björn Bicker – es geht um ein heikles Thema: Abschiebung.

Am Beispiel einer Familie aus dem Kosovo wird eine Geschichte erzählt, die in unserer Zeit eine besondere Bedeutung hat: Die 16-jährige Elvira und ihre Roma-Familie, die zur Zeit des Jugoslawien-Krieges nach Deutschland flohen, werden auf Grund entsprechender politischer Entscheidungen viele Jahre später in ihre alte Heimat abgeschoben. Welche Probleme dies aufwirft, dass die Familie sich im Kosovo nicht mehr zu Hause fühlt und wie komplex das Thema Abschiebung doch ist, macht das Stück deutlich.

In einem Workshop wurden die Schüler von Theaterpädagogin Anna Stoß und ihrem Kollegen Jan Kunigkeit vom Staatstheater Kassel klassenweise auf das Theaterstück vorbereitet: Um was geht es? Was beschäftigt die einzelnen Charaktere? Wie sind die Rollen besetzt? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigte man sich eine Doppelstunde lang im Kulturversorgungsraum der GAZ, besetzte selbst die Rollen und stellte in Form improvisierter Dialoge dar, wie man selbst in verschiedenen Situationen aus verschiedenen Perspektiven heraus agiert hätte.
Dies bereitete vielen Schülern großen Spaß – obwohl auch hier schon überlegt wurde: Wenn vier Schauspieler jeweils 3 verschiedene Rollen verkörpern – wie mag das gehen und wie gelingt es den Zuschauern, den Überblick zu behalten?

Am 27. Januar um 20:15 Uhr war es dann soweit – man traf sich mit dem gesamten Jahrgang 9 vor dem Theater im Fridericianum (tif) und schaute sich gemeinsam mit den Klassen- und/oder Deutschlehrern und weiteren interessierten Lehrern das Stück an.

Der Inhalt wurde eindrücklich dargestellt, besonders eine Rolle schien extrem schwer umzusetzen zu sein, nämlich die des Egzon (Elviras kleiner Bruder). Insgesamt gesehen zeigten alle Schauspieler eine beeindruckende Leistung – Probleme des „ganz normalen Alltags“ (Trennung von der Ehefrau, neue Partnerin, die schwanger wird, Probleme mit dem pubertierenden und verliebten Sohn usw., eingearbeitet in das übergreifende Thema „Abschiebung“) wurden eindrucksvoll in Szene gesetzt. Trotz der guten Vorbereitung im Workshop war es nicht immer einfach, das schnelle Umschwenken der Darsteller in jeweils andere Rollen sofort zu durchschauen – so dass einige Schüler den Zugang zum Stück nicht so leicht fanden. Weiterhin bleibt festzustellen, dass einige Schüler anscheinend über wenig Theater-Erfahrung verfügen und auch das Benehmen im Theater für sie noch einmal thematisiert werden muss – selbst wenn es einmal ein Stück gibt, welches einem wenig interessant erscheint – der Respekt vor der Arbeit der Schauspieler sollte es ermöglichen, sich knapp 90 Minuten so zu benehmen, dass man andere und die gesamte Vorstellung nicht stört – die Benutzung des Handys, Gespräche mit dem Sitznachbarn, unangemessenes Gelächter in einigen Szenen … all das wird in einer Nachbereitung des Stückes und vor einem nächsten Theaterbesuch auch thematisiert werden – dennoch: Dieser Theaterbesuch hat sich für den Großteil der Schüler gelohnt und besonders an den Workshop werden sich die meisten 9.-Klässler gerne zurückerinnern.

                                 

Sie hatten viel Spaß: Die Klasse 9a, die mit ihrer Klassenlehrerin Martina Brunkow-Winterstein und ihrer Deutschlehrerin Susann Sabine Meyer den Workshop mit Anna Stoß und Jan Kunigkeit besuchte und am Ende in der Lage war, beim Spiel „Reise nach Jerusalem“ mit 16 Schülern auf einem einzigen Stuhl Platz zu finden! War noch in der Einführungsspielrunde nicht unbedingt klar, was dieses Spiel mit dem Theaterstück zu tun hat – am Ende war jedem bewusst, wie wir alle unseren Platz im Leben und ein Stück Heimat suchen … und wie schwierig dies mitunter sein kann.