In Estland und Dänemark gehört das digitale Lernen längst zum Alltag in den Schulen. Hierzulande sieht das mancherorts noch ganz anders aus. Die verschlafene Digitalisierung im deutschen Bildungssystem hat sich nicht zuletzt während der Coronakrise gezeigt. In Gudensberg an der Georg-August-Zinn-Schule (GAZ) soll sich das nun ändern.
Bis es aber zum digitalen Lernen an der Gudensberger Schule kam, hat es etwa ein Jahr Vorlauf benötigt, erklärt Christian Kellermann. Er ist Mitglied der Schulverwaltung und zuständig für den Bereich Organisation und Schulentwicklung. Kellermann hat das Projekt maßgebend begleitet.
Die Idee kam der Schulleitung im vergangenen Jahr. „Wir hatten überlegt, wie wir in Zukunft die Schüler besser und individueller fördern können“, sagt Kellermann. Nachdem sie sich verschiedene Konzepte bundesweit angesehen haben, hat sich die Schulleitung für die „iPad-Lösung“ entschieden. Allerdings stieß das Konzept der Schule anfangs auf großen Widerstand. Insbesondere bei den Eltern, erklärt Kellermann. Denn sie sollten den Kindern die iPads kaufen. Die Kosten für ein iPad plus Pencil (Stift) liegen bei rund 300 bis 400 Euro. „Uns war natürlich klar, das sich nicht jede Familie sofort so ein iPad leisten kann“, gibt er zu. Dass es für die Anschaffung verschiedene Finanzierungs-Modelle gab, kam nicht bei allen Eltern sofort an, erklärt Kellermann. Sie fühlten sich vor vollendete Tatsachen gestellt. Bei mehreren Elternabenden konnten die Probleme dann aber geklärt werden, sagt er. So entstand dann die Möglichkeit, ein iPad privat zu kaufen, eins über ein Leasing-Programm bei der Schule zu erwerben, eine Ausleihe für fünf Euro pro Woche oder aber eine kostenlose Ausleihe, erklärt Kellermann. „Die kostenlose Ausleihe ist für Kinder aus finanziell schwachen Familien vorgesehen.“
Insgesamt 15 iPads hat die Schule selbst angeschafft für das Ausleih-Modell, weitere 15 Geräte im Wert von 6000 Euro hat die Firma Run-Tec aus Niedenstein gesponsert. Die Kosten für die Apps und Lizenzen werden von der Schule getragen. Sie lagen bei etwa bei 4000 Euro, erklärt Schulleiter Peter Häßel. Die restlichen iPads wurden von den Familien gekauft.
Das Konzept
Mit der Finanzierung war die größte Hürde überwunden. Die Lehrerinnen Marina Volkwein und Katharina Schulz haben die Organisation und Verwaltung der Geräte übernommen. Katharina Schulz installierte die iPads und programmierte den Schülern ein digitales Hausaufgabenheft.
Die Umsetzung
Über die App „Goodnotes“ haben die Schüler ihre Aufgaben im Blick, erklärt Volkwein. Die Lehrer stellen den Schülern Materialien zur Verfügung, die sie am iPad bearbeiten können. Verbunden sind die iPads mit den Tafel-Boards in den Klassenräumen. „So, dass die Schüler dort ihre Lösungen präsentieren können“, sagt Kellermann. Zudem können die Schüler über die Geräte Lösungen untereinander austauschen. Auch können sie immer individuell Aufgaben neu bearbeiten oder gegebenenfalls überspringen. Und was wenn die Schüler die iPads zum Schummeln ausnutzen? „Wir können die iPads mit der „Classroom App vom Internet abkapseln“, sagt Volkwein. Das wird zum Beispiel bei Tests gemacht. „Dann können die Schüler auch nur auf den Taschenrechner zugreifen“, sagt sie.
Wichtig sei der Schule, dass auch in Zukunft die Kultur des Schreibens gefördert werde. „Deshalb war uns auch wichtig, dass die iPads einen Stift haben“, sagt Häßel. Zudem werden die Experimente in den Naturwissenschaften gewohnt analog gemacht. „Damit wir ein Zusammenspiel aus analogen und digitalem Lernen haben“, erklärt Häßel.
Von Linett Hanert (https://www.hna.de/lokales/fritzlar-homberg/gudensberg-ort80906/ade-schwere-schulbuecher-90035869.html)